Heute ist Freitag. Also
Freutag. Und heute ein ganz besonderer Freutag für mich: Gestern hatte meine große kleine Maus Geburtstag. Sechs Jahre alt ist sie geworden, Wahnsinn, wie die Zeit rast ...
EIGENTLICH wäre der Freutag also gestern gewesen. Doch, wenn ich ehrlich bin, ist für mich diese Zeit um, genauer gesagt, vor allem NACH ihrem Geburtstag immer eine Zeit, die von ganz besonderer Freude und tief empfundener Dankbarkeit bestimmt ist. Freude darüber, dass ich dieses wundervolle Kind habe. Dankbarkeit dafür, dass sie lebt und bei mir ist und gesund ist.
Generell sollte ja jeder dankbar sein, der Kinder hat, die sein Leben bereichern, die er heranwachsen, groß werden, sich entwickeln sieht. Aber manchmal wird einem das bewusster als an anderen Momenten ... Und mir ist es immer sehr bewusst, wenn sich die Nacht, in der unsere Tochter geboren wurde, jährt. Denn diese Nacht, die eigentlich die schönste meines Lebens hätte sein sollen, war die schlimmste Zeit, die ich je durchgemacht hab. (Vorsicht, das wird jetzt lang und ist auch nicht so einfach. Aber ich sag es euch gleich, es gibt ein Happy End!!)
Die Maus hatte mir eine Bilderbuchschwangerschaft beschert und hat sich dann auch, nur vier Tage nach dem errechneten ET, auf den Weg gemacht. Es zog sich alles ziemlich hin, aber gut, ist ja bei ersten Geburten manchmal so ... Doch dann, als es am späten Abend endlich ERNST wurde, wurde es wirklich ernst. Die Maus wollte in den Presswehen einfach nicht nach unten rutschen, die Saugglocke rutschte ab, die Zange konnte nicht angesetzt werden - also: Kaiserschnitt.
Auch jetzt war ich noch recht gelassen, blöd gelaufen zwar, aber meine Güte, wenn es nicht anders geht ... Eine PDA hatte ich ja schon, also konnte ich den KS auch bei Bewusstsein erleben.
Und dann, um kurz nach zehn Uhr abends, wurde meine Maus geboren - und sie weinte nicht. Hm. Gut. Gibt es ja. Gleich sollte ich sie sehen ...
Doch dann kam nur die Hebamme. "Ihrer Tochter geht es nicht gut. Sie hat Probleme mit der Atmung. Wir müssen sie jetzt runterkühlen ..."
Um mich brach alles zusammen. Ich wurde aus dem OP zurück auf den Kreißsaal verlegt. Mein Mann und ich klammerten uns aneinander, aber niemand konnte uns etwas Genaueres sagen. Der WBEDW rief unsere Eltern an, sagte, dass sie da war, aber dass wir nicht wussten, was los ist. Dann rief er, obwohl es mittlerweile schon fast Mitternacht war, seine Schwester an. Sie ist Kinderkrankenschwester und arbeitet in dem Krankenhaus auf der Neugeborenen-Intensivstation. Ihr Freund ging ran: "S. ist schon auf dem Weg zu euch!"
Und dann, um kurz vor eins, kam endlich der Oberarzt, der den Kaiserschnitt durchgeführt hatte, zu uns und berichtete, was da passiert war: Irgendwann im Laufe der Geburt muss meine Tochter einen Sauerstoffmangel erlitten haben. Sie war blass und schlaff und hat bei der Geburt nicht geatmet. Ihr Nabelschnur-ph-Wert war sehr schlecht, sodass man entschieden hat, sie in ein künstliches Kältekoma zu versetzen. Das ist ein Vorgehen, das man z.B. auch bei Schlaganfallpatienten oder Ertrinkungsopfern anwendet, das das Gehirn vor den möglichen Schäden eines Sauerstoffmangels schützt. Sie war stabil, aber es konnte niemand sagen, wie sich die Sache weiterentwickeln würde.
Und dann sagte der Arzt die Worte, die mir in dieser Situation auf ein Mal die Gewissheit gab, dass alles gut werden würde (irgendwie jedenfalls): "Sie wollen doch bestimmt stillen? Wir bringen Ihnen morgen früh gleich eine Pumpe ans Bett!" Denn da war klar: Meine Tochter wird NICHT in dieser Nacht sterben.
Mein Mann und seine Schwester durften dann zu ihr auf die Intensivstation. Ich konnte ja nicht aufstehen ... Ich glaube, ich hab die ganzen 1,5 Stunden, die er beim Baby war, geweint. Meine Hebamme saß die ganze Zeit bei mir (obwohl in dieser Nacht glaube ich fünf oder sechs Babys geboren wurden ...). Und dann brachte der WBEDW mir ein Foto unserer Tochter. Und ich war verliebt <3.
Am nächsten Tag dann durfte ich zu ihr, also am 15. November. Kurz nach 14 Uhr hab ich mein Kind das erste Mal gesehen. Dieses perfekte, zauberhafte kleine Wesen ... Und es sah gar nicht schlimm aus. Sie lag da ganz ruhig und hat geschlafen. Sie war natürlich verkabelt, hatte eine Magensonde, war intubiert, ein ganzer Wust an Medikamenteninfusionen lief in ihren kleinen Bauchnabel - aber das hab ich irgendwie komplett ausgeblendet. Sie hatte nur eine Pampers an und war nicht zugedeckt - das genügt bei Neugeborenen, um die Körpertemperatur auf 33 Grad absinken zu lassen. Ich durfte sie natürlich nicht auf den Arm nehmen, aber ihre Hand halten, ihr Bein streicheln. Und sie war gar nicht kalt ;o)
Für mich ist dieser Tag der Tag, an dem mir klar wurde, dass ich Mama bin, dass ich eine zauberhafte Tochter habe, die perfekt sein wird, egal, ob sie gesund ist oder nicht ... Darum mein absoluter
FREUtag!!
Tja, der Rest ist Geschichte. Meine Tochter hat das Drama ihrer Geburt völlig unbeschadet überstanden. Sie ist VIEL schneller, als die Ärzte vermutet haben, wach geworden, nachdem man begonnen hatte, nach drei Tagen die Körpertemperatur wieder anzuheben. Sie hat sich köperlich schnell erholt, ein MRT, als sie eine Woche alt war, hat ergeben, dass ihr Gehirn intakt ist. Nur 13 Tage nach der dramatischsten Nacht meines Lebens wurde sie aus dem Krankenhaus entlassen und ist seitdem das größte Glück, das man sich vorstellen kann. Sie ist sehr groß, sehr schlau, sehr frech - ein perfektes Mädchen eben ;o) Aber manchmal schau ich sie an, und dann muss ich sie ganz fest in den Arm nehmen und denke, was ich doch für ein Glück hab!!! Denn es sind die dunklen Zeiten, die uns die hellen genießen lassen. Der Himmel wird eben erst schön durch ein paar Wolken ...
Und für alle, die bis hierhin durchgehalten haben, schmeiß ich jetzt noch ne Runde Taschentücher und ein paar Fotos vom Geburtstagskleid, das sie GENAU SO bestellt hatte:
"Mama, ich will keinen Pulli mit den Einhörnern! Ich will ein Kleid! Also, wie ein Pulli, aber mit einem Rock unten dran! Und auf der Brust ein großes Einhorn, mit einer 6 drauf!"
Bitte sehr, bitte gleich:
Kleid, zusammengesetzt aus dem altbewährten Raglan-Shirt "More Grey" aus der Ottobre 1/11 und dem Glockenrock "Funky Stripes" aus der Ottobre 3/11. Beides gekürzt und einfach aneinandergetackert *gg* Das Kleid ist komplett aus dem Mädchentraum "Lenis Dream" in Pink von
Frau Hamburger Liebe, hab ich vom
StoffLoft - nur die Vorderseite ist ein hellrosa Sanetta-Jersey. Ein großes Einhorn braucht ja auch PLATZ!
Hier einmal im Stehen ...
... und mit Blick aufs Einhorn.
Die Applikation ist wie immer nach
der genialen Anleitung von Aennie gearbeitet - danke dafür!!
Nur die Sechs ist freihand draufgemalt. Zum Glück scheint Nähmalen wie Fahrradfahren zu sein, das verlernt man nicht so schnell, auch wenn man jetzt ne Sticki hat ;o)
Ich bin dem lieben Gott sehr dankbar dafür, dass ich für sie dieses Rosa-Einhörnchen-Ding (
Meitlisache pur, oder?) nähen durfte ;o) Ich sag ja: mein ganz persönlicher
Freutag ... Mehr Gründe zur Freude sammelt
Martina hier!